In der Ausgrabungsstätte der "verbrannten Stadt" (Shahr-i Sokhta / Schahr-e Suchte), im Süd-Osten des Iran, wurde 1977 ein (fast?) komplettes "Spiel der 20 Felder" in einem Grab gefunden. Das Spiel soll 4.600 bis 4.700 Jahre alt sein (ca. -2.500 [v. u. Z.]).
Zu dem erstaunlichen Fund wurde durch Sam Jelveh (University of Essex) und Dr. Hossein Moradi (Ausgrabungsleiter des Wohngebiets in Schahr-e Suchte) ein wissenschaftliche Abhandlung verfasst (2024), die die möglichen Spielregeln erklärt:
Jelveh, S., & Moradi, H. (2024, January 26). Analysis of the Shahr-i Sokhta Board Game with 27 Pieces and Suggested Rules Based on the Game of Ur. https://doi.org/10.31235/osf.io/kctnj.
Natürlich sind große Teile der Regeln nur erraten oder an ähnliche (20 Felder) Spiele, wie z.B. dem königlichen Spiel von Ur, angelehnt. Interessant ist es für mich trotzdem.
Spielziel ist es, vor dem Gegenspieler alle eigenen Spielsteine aus dem Spiel zu ziehen. Dabei können zusätzlich Blockiersteine eingesetzt werden, um gegnerische Steine herauszuwerfen oder Spielfelder zu blockieren.
Spielmaterial
Das Spiel besteht aus:
- einem 20-Felder Spielplan (ca. 33 x 13 [cm])
- je Spieler zehn normale Spielsteine
- je Spieler zwei Blockiersteine.
- drei "Rosetten"-Steine
- zwei rechteckige Würfel (Quader, ca. 3 x 1 x 1 [cm])
Spielplan
Die Felder sind in der o.g. Abhandlung mit Buchstaben und Ziffern markiert, damit die folgenden Regeln einfacher zu verstehen sind.
Der Spielplan des "Spiel der 20 Felder" ähnelt dem des königlichen Spiel von Ur. Er besteht aus:
- Hauptteil / Startbereich (12 Felder;
A1/A2
bisH1
) - Brücke (2 Felder;
I2
,J3
) - Schlussteil / Zielbereich (6 Felder;
K4
bisP9
).
Auf dem gefundenen Spielbrett windet sich im Original eine Schlange so, dass sie mit ihren Bögen die einzelnen Spielfelder formt. Ihr Kopf und ihr Schwanz liegen bei einem der Felder im Schlussbereich (P9
) und markieren den Ausgang aus dem Spielplan.
Mein Spielplan-Entwurf
Mit Schlangen kann ich nicht viel anfangen. Ich habe gelesen, dass ähnliche 20-Felder-Spiele vermutlich das Thema "Wasser" als Leitmotiv verwendeten. Somit habe ich in meinem Spielplan-Entwurf die Spielfelder als Tropfen dargestellt. Das spitze Ende der Tropfen zeigt die Zugrichtung der einzelnen Felder an. Schön selbsterklärend, wie ich finde.
Meinen Entwurf gibt's hier zum herunterladen: "Spiel der 20 Felder" - Spielplan-Entwurf [PDF]
Spielsteine
In dem Grab wurden dreieckige und stufige Spielsteine gefunden. Dazu ein paar kleine Kegel und zwei trapezförmige Steine. Letztere sind nach den Regeln die Blockiersteine.
Würfel
Die rechteckigen Würfel tragen auf ihren Seitenflächen die Würfelaugen 1 bis 4. Die sich gegenüberliegenden Flächen ergeben in Summe 5.
Rosetten
Zusätzlich, zu den bereits genannten Dingen, lagen drei "Rosetten"-Steine bei. Diese werden als "Glücksfelder" im Spiel geführt. Ein Glücksfeld ist auf H1
festgelegt. Die zwei weiteren Glücksfelder können frei und zufällig im Zielbereich platziert werden. Der Einfachheit halber lege ich sie meiner Version auf L5
und P9
fest.
Spielregeln
Aufbau
Zu Beginn werden die Blockiersteine platziert. Die kegel-förmigen auf A1
und A2
, die trapezförmigen auf D1
und D2
. Mein Spielplan markiert die Startpositionen durch die dunklen Silhouetten der Blockiersteine.
Die restlichen Spielsteine (10 pro Spieler) liegen neben dem Spielplan.
Grundregel
Auf einem Spielfeld kann sich immer nur ein Spielstein (oder Blockierstein) befinden. Gegnerische Spielsteine können durch eigene Spiel- und Blockiersteine herausgeworfen werden.
Das Würfelergebnis muss mit einem Spielstein vollständig ausgespielt werden (Besonderes Würfelergebnis 3 ausgenommen). Die normalen Spielsteine ziehen über den Spielplan nur vorwärts, in Richtung Ausgang P9
.
Es kann eintreten, dass ein Würfelergebnis, aufgrund fehlender Möglichkeiten, nicht ausgespielt werden kann. Dann ist für den Spieler kein Zug möglich.
Glücksfeld
Endet der Zug mit einem Spielstein auf einem Glücksfeld (Rosette), darf der Spieler noch einmal würfeln. Der Spielstein auf dem Glücksfeld kann nicht durch den Gegner herausgeworfen werden.
Besonderes Würfelergebnis 3
Die Blockiersteine können nur auf besonderen Spielfeldern platziert werden, wenn das Würfelergebnis 3 ist. Die hellen und dunklen Silhouetten zeigen die möglichen Felder in meinem Entwurf an, zusätzlich deuten drei Punkte auf das besondere Würfelergebnis hin.
Blockierstein: Kegel
Der Kegel ist zum Spielbeginn auf dem jeweiligen A
-Feld der Spieler platziert. Wird eine 3 gewürfelt, kann er auf das Feld G
gesetzt werden. Vom Feld G
aus kann er bei einem erneuten 3er-Wurf auf das A
-Feld zurück oder auf das C
-Feld. Ein direkter Wechsel vom A
-Feld auf das C
-Feld ist nicht möglich. Es muss stets über das G
-Feld gezogen werden. Der Kegel kann gegnerische Steine aus dem Spiel werfen. Er selbst kann nicht herausgeworfen werden.
Blockierstein: Trapez
Die trapezförmigen Blockiersteine beginnen das Spiel auf dem D
-Feld. Von hier aus können Sie, bei einem 3er-Wurf, auf die Felder C
, E
oder F
springen und von diesen auch wieder zurück auf andere Felder (C
, D
, E
oder F
). Eine Begrenzung wie beim Kegel, über ein bestimmtes Feld ziehen zu müssen, existiert nicht. Sie können gegnerische Steine aus dem Spiel werfen, selbst können sie nicht heraus geworfen werden.
Steine ins Spiel bringen
Jeder Spieler kann, wenn es das Würfelergebnis zulässt, Spielsteine auf freie Spielfelder in seinem Startbereich (A
bis D
) platzieren. Das Würfelergebnis entspricht dabei der Reihenfolge der Startfelder (1 = A
, 2 = B
, 3 = C
, 4 = D
).
Steine aus dem Spielfeld ziehen
Erreicht ein Spielstein das Ende der 20 Felder, muss er genau aus dem Spielplan gezogen werden. Ein höheres Würfelergebnis, als zum Verlassen des Spielplans notwendig ist, ist nicht gültig. Auf dem Feld P9
muss das Würfelergebnis 1 sein, auf dem Feld O8
benötigt man ein Würfelergebnis von 2, um genau aus dem Spielplan ziehen zu können. Das früheste Feld zum Verlassen des Spielplans ist M6
, wenn von dort aus mit dem Würfelergebnis 4 aus dem Spiel gezogen wird.
Spielende
Es gewinnt der Spieler, der als erster alle eigenen zehn Spielsteine aus dem Spiel gezogen hat.